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Interview mit Mediator Wer kann die Streithähne Bahn und GDL zur Vernunft bringen?

Um den Streit zwischen Bahn und GDL zu schlichten, fordert der Fahrgastverband den Einsatz eines Mediators. Was könnte der bewirken? Wir haben den Autor des Buches "Mediation für Dummies" gefragt.

Die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL stehen sich unversöhnlich gegenüber, aller Voraussicht nach wird es in den nächsten Tagen wieder Streik geben. Was den Konflikt so schwierig macht: Es geht nicht um ein Prozent Lohnerhöhung mehr oder weniger - das könnte man verhandeln. Es geht vielmehr um eine zentrale Grundsatzfrage: Darf die GDL auch eigenständige Tarifverträge für andere Berufsgruppen aushandeln - ja oder nein?

Um endlich zu einer Lösung zu finden, hat der Fahrgastverband Pro Bahn nun den Einsatz eines Mediators gefordert. Aber was kann ein solcher außergerichtlicher Vermittler in diesem festgefahrenen Konflikt erreichen? Und wer könnte den großen Retter spielen? Wir haben einen Experten gefragt.

Al Weckert

ist Diplom-Volkswirt, Mediationsausbilder und Trainer für Gewaltfreie Kommunikation. Gemeinsam mit Monika Oboth schrieb er das Handbuch "Mediation für Dummies".

Herr Weckert, Sie schlichten als Mediator Streitigkeiten in großen Unternehmen und haben das Buch "Mediation für Dummies" geschrieben. Könnten Sie für uns bitte den Streit zwischen Bahn und GDL lösen?
Al Weckert: Das würde ich gerne machen. Ich möchte mich aber nicht festlegen, dass Mediation in diesem Fall sinnvoll ist.

Nicht einmal ein Mediator könnte die verfahrene Situation lösen?
Damit eine Mediation Erfolg haben kann, braucht es Voraussetzungen. Entweder sind beide Seiten konstruktiv um eine Einigung bemüht. Das scheint mir hier nicht der Fall zu sein, denn bisher geht es um das Gewinnen um jeden Preis. Oder die Parteien haben so viel zu verlieren, dass die Einigung im Rahmen einer Mediation für sie das geringere Risiko darstellt. In diesem Punkt bin ich mir nicht sicher. Spielt die Bahn auf Zeit, da vielleicht im Sommer ein neues Tarifgesetz kommt? Die GDL wirkt manchmal so, als würde sie sogar die eigene Existenz für einen Sieg im Arbeitskampf riskieren.

Die Bahn bestreitet, dass sie auf Zeit spielt. Nehmen wir mal an, beide Seiten wollen eine Einigung. Was müsste ein Mediator können, um zwischen den verhärteten Fronten zu bestehen?
Man braucht einen Profi, der sich mit Gewerkschaften, dem Innenleben großer Organisationen und im Tarifrecht auskennt. Der die Machtspiele der Parteien durchschaut und erkennt, was ernsthafte Verhandlung ist und was PR-Parolen sind. Ein solcher Profi muss die Alphatiere der Streitparteien zu nehmen wissen.

Der Fahrgastverband ProBahn hat Persönlichkeiten wie den früheren Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi oder Ex-EKD-Chef Nikolaus Schneider ins Gespräch gebracht. Das wäre das Modell Heiner Geißler.
Ob die Schlichtung von Heiner Geißler in Stuttgart ein echtes Mediationsverfahren war, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Politiker gehen gerne ihre eigenen Wege. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Tandem aus Machtprofi und erfahrenem Mediator die größten Chancen hätte, etwas als Vermittler zu erreichen. Dabei kommen Fach- und Verhandlungsexpertise gemeinsam zur Wirkung.

Zusammen mit Heiner Geißler würden Sie es also doch mal versuchen?
Vielleicht realisieren die Konfliktparteien, dass sie ihre Positionen überschätzen und gemeinsam auf einen Abgrund zusteuern. Dann wäre Mediation das Verfahren der Wahl. Wenn ein Politiker die Arbeit des Mediators respektiert und Seite an Seite arbeitet: Warum nicht? Eine solche Lösung würde ich mir wünschen. Als Bahn-Vielfahrer bin ich selbst von den ständigen Streiks betroffen. Während meiner Fahrten habe ich übrigens schon viel geschlichtet - allerdings nur zwischen Schaffnern und Fahrgästen.

Interview: Daniel Bakir

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