Die Menschen in Teheran feiern auf der Straße die Einigung im Atomstreit. Auch die deutsche Wirtschaft frohlockt wegen der Aussicht auf mehr Exporte. Der VDMA tritt aber auf die Euphoriebremse. Bild: Imago
Iran-Exporte

Gute Perspektiven, aber kein El Dorado

Das Ende des Atomstreits mit dem Iran versetzt die deutsche Wirtschaft in Goldgräberstimmung. Schon am kommenden Wochenende werden Vertreter den Bundeswirtschaftsminister auf einer Reise in den ölreichen Wüstenstaat begleiten und womöglich bereits erste Gespräche über neue Investitionen führen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) tritt aber auf die Euphoriebremse.

„Die mit dem Iran erzielte Einigung ist ein wichtiger Beitrag für Stabilität und Sicherheit in der gesamten Region“, freut sich Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), über das Abkommen von Wien. Das Land mit seiner jungen, gut ausgebildeten Mittelschicht suche den Anschluss an die Weltgemeinschaft. Die deutsche Industrie werde ihren Beitrag leisten, „den Iran wieder in die internationale Gemeinschaft zu integrieren“, verspricht Grillo.

Ganz uneigennützig passiert das freilich nicht. Laut BDI waren im vergangenen Jahr zwischen Deutschland und dem Iran Güter im Wert von 2,4 Milliarden Euro gehandelt worden. Nach der schrittweisen Aufhebung der Wirtschaftssanktionen hält der Verband in Zukunft ein Exportvolumen von über zehn Milliarden Euro für realistisch. Mit seinen 80 Millionen Einwohnern sei der Iran „ein Absatzmarkt von gewichtiger Größe“.

Ölindustrie spielt eine große Rolle

Vor allem das Öl spielt in dem Land eine große Rolle – der Iran hat die viergrößten Vorkommen weltweit. In der Infrastruktur hapert es aber noch. Und da sieht der BDI eine große Chance: „Die Modernisierung in der Ölindustrie eröffnet dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau große Marktchancen“, meint Grillo.

Der Verband Deutsche Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) ist derzeit aber noch skeptisch. VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann sieht in der Einigung im Nuklearstreit zwar einen „Meilenstein internationaler Außenpolitik“. Allerdings müsse diese erst rechtlich umgesetzt werden, „um wirtschaftlich relevant zu werden“, schickt der VDMA-Chef hinterher. „Das wird wohl noch etwas dauern“, befürchtet Brodtmann. Er weist darauf hin, dass das Embargorecht für das Irangeschäft weiterhin relevant bleibe, da die Sanktionen nur schrittweise abgebaut werden. Dass dies im Detail viele Hemmnisse bedeute, habe der deutsche Maschinenbau schon leidvoll erfahren müssen. Der VDMA werde daher die Ausarbeitung der „Embargo-Änderungsverordnungen“ kritisch prüfen, kündigt der Hauptgeschäftsführer an.

VDMA nimmt Banken in die Pflicht

Aber vor allem die Banken nimmt der VDMA in die Pflicht. Denn mehr noch als die Sanktionen seien die Schwierigkeiten der Finanzierung des Irangeschäfts „die entscheidende Hürde“, heißt es aus dem Verband. Iranische Kunden würden zu Recht erwarten, dass der deutsche Maschinenbau bereits jetzt legale Lieferungen auch wieder tätigen kann. „Die Industrie benötigt eine deutliche Verbesserung im Zahlungsverkehr mit dem Iran, und zwar zügig“, fordert der Leiter der VDMA-Außenwirtschaft, Ulrich Ackermann. „Wenn die Finanzinstitute trotz des klaren Politikwechsels ihre eigene Geschäftspolitik weiterhin nicht anpassen, lassen sie die produzierende Industrie im Regen stehen.“

China exportiert die meisten Maschinen in den Iran

Nach VDMA-Angaben bewegte sich das Volumen des internationalen Maschinenexports in den Iran im vergangenen Jahr bei gut fünf Milliarden Euro. Darauf entfielen 630 Millionen Euro auf Deutschland, 660 Millionen auf Italien, 403 Millionen auf Südkorea und 2,3 Milliarden Euro auf China. Der bisherige Spitzenwert wurde 2010 erzielt. Damals lagen die weltweiten Maschinen-Exporte in den Iran bei 6,7 Milliarden Euro. „Von diesen historischen Daten ausgehend, zuzüglich Nachholeffekte, erscheinen mittelfristig bis zu acht Milliarden Euro Gesamtvolumen realistisch“, heißt es vom VDMA. Dies seien „interessante Perspektiven, aber kein El Dorado“.