Interview: Im Gespräch mit Herrn Viktor Müller, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung Mediation

In der Reihe „Im Gespräch mit …“ stellen wir in lockerer Reihenfolge immer wieder Perspektiven zu und über Mediation vor. Wir sprechen dazu mit Menschen aus Politik, Wirtschaft und Recht aber auch mit Vertretern von Universitäten, Organisationen oder Institutionen, die etwas mit der Mediationsbranche zu tun haben.
Heute sprechen wir mit Viktor Müller, Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung Mediation:

Guten Tag Herr Müller,

gerne möchten wir mit Ihnen unsere Reihe „Im Gespräch mit ...“ rund um das Thema Mediation beginnen. Zunächst einmal interessiert uns, wie wichtig aus Ihrer Sicht das Thema Mediation für unsere Gesellschaft heute ist?

Das Thema hat meines Erachtens ganz enorme Bedeutung, denn einerseits nehmen die Konflikte immer mehr zu und andererseits können wir nicht gut mit Konflikten umgehen, weil wir das nirgendwo lernen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Menschen Mediation als eine alternative Konfliktlösungsmöglichkeit wahrnehmen und nutzen.

 

Wie zukunftsfähig schätzen Sie das Thema Mediation ein?

Absolut zukunftsfähig! Wenn man bedenkt, dass Mediation erhebliche Kostenvorteile bietet, sehe ich gute Chancen insbesondere im Bereich des Mittelstandes. Hier einerseits unter Geschäftspartnern und andererseits in der innerbetrieblichen Mediation, um Mitarbeiter im Unternehmen halten zu können.

 

Wie sehen sie Mediation in Deutschland im internationalen Vergleich?

Eine schwierige Frage. Einerseits haben wir wenig Einblick und Vergleichsmöglichkeiten, andererseits wissen wir, dass beispielweise in Österreich Mediation seit 11 Jahren im Gesetz verankert ist. Auch Großbritannien bietet klare Richtlinien und Förderungen zur Mediation als Weg zur Einigung.

In Deutschland dagegen gibt es keine wirkliche Förderung. Dies könnte sich auf einfache Weise ändern, wenn in der Zivilprozessordnung verankert würde, das Mediation gerichtlichen Verfahren vorausgehen muß. Dazu ist nur die Sollbestimmung in der ZPO in eine Mußbestimmung zu ändern.

 

Wie unterscheidet sich die Mediation von anderen Konfliktlösungsmethoden?

Mediation ist es der einzige Weg, wo ein neutraler Dritter zwar den Prozess führt aber inhaltlich nicht eingreift. Das ist vor Gericht oder in einer Schlichtung anders. Medianten selbst entwickeln die Lösung mit Unterstützung des Mediators gemeinsam. Es ist ihre ganz eigene Lösung, nicht die eines Dritten. Das macht die Lösung besonders nachhaltig.

 

Welche Faktoren sind ihrer Meinung besonders entscheidend, damit eine Mediation erfolgreich wird?

Medianten müssen einen echten Willen zur Lösung mitbringen. Wenn sie nur streiten wollen, dann wird es nicht erfolgreich sein. Weiter ist ausschlaggebend, wie der Mediator agiert, Personen überzeugt, damit ihre gestörte Kommunikation wieder hergestellt wird und wie er die Parteien begleitet ohne Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen.

 

Was bedeutet für Sie Mediation?

Deutlich mehr als nur ein Verfahren, das man lernen kann wie etwa Autofahren. Vielmehr geht es um eine innere Haltung. Eine Haltung die getragen wird von Respekt und Wertschätzung, was sich insbesondere auch in der Sprache ausdrückt.

 

Gibt es Lebensphasen oder Bereiche, wo ihrer Einschätzung nach Mediation besonders gut in Frage käme?

Immer dann, wenn Menschen trotz Streits miteinander leben müssen. Egal ob als Nachbarn, Familienmitgliedern, Kollegen und Vorgesetzte oder bei langjährigen Kundenbeziehungen, denn Mediation bietet die große Chance eine Beziehung gestärkt fortzusetzen, ohne Sieger und Verlierer.

 

Welche Voraussetzungen sollte jemand mitbringen, der sich zum Mediator ausbilden lassen will?

Ich bin fest davon überzeugt, dass eine wenigstens 10 jährige Berufserfahrung sinnvoll ist. Es gibt aber kein offizielles Mindestalter, um die Ausbildung anzufangen. Dennoch sollte man beachten, dass man das Mediieren nicht mal einfach schnell lernen kann, weil es viel mit zwischenmenschlichen Beziehungen zu tun hat.

 

Gibt es weitere Aspekte, die Ihrer Meinung nach in Bezug auf Mediation wichtig sind?

Aufklärung. Darum geht es ja auch in unserer Stiftung: Menschen aufzuklären, was Mediation ist, was sie kann, was sie nicht kann. Und den Unterschied zu anderen Verfahren herauszustellen. Wir gehen davon aus, dass Menschen mit entsprechender Unterstützung ihre Probleme selbstbestimmt lösen können.

Ein grosser Stellhebel ist die Anwaltschaft. Hier muß noch viel an Vorurteilen und Vorbehalten abgebaut werden.

 

Möchten Sie unseren Lesern noch etwas mitteilen?

Liebe Leser, wenn Sie ausgebildeter Mediator/ausgebildete Mediatorin sind, möchte ich Sie sehr herzlich einladen, bei uns in der Stiftung ehrenamtlich mitzuarbeiten. Wir sind in allen Bundesländern mit RepräsentantenInnen vertreten, die Sie auf der Homepage finden: www.stiftung-mediation.de

Wenn Sie keine Zeit haben und/oder kein Mediator/keine Mediatorin sind, dann lade ich Sie ein Mitglied im Förderverein der Deutschen Stiftung Mediation e.V. zu werden. Der Jahresbeitrag beträgt €60.

Und beim nächsten Streit/Konflikt den Sie haben, probieren Sie doch Mediation einfach mal aus!