Nachhaltiges Entrosten Biologische Rostentfernung von metallischen Oberflächen

Autor / Redakteur: Peter M. Kunz / Stéphane Itasse

Auch für die Entrostung von Metallen kann die Natur ein Vorbild sein. Forscher haben in den vergangenen Jahren mehr als nur eine Antwort gefunden, weshalb es heute am Markt biologische Rostentferner gibt, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und vollständig biologisch abbaubar sind.

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Bild 1: Rost richtet Milliardenschäden an, wenn er nicht rechtzeitig beseitigt wird. Mit biologischen Mitteln kann das auch ohne Umweltschäden geschehen.
Bild 1: Rost richtet Milliardenschäden an, wenn er nicht rechtzeitig beseitigt wird. Mit biologischen Mitteln kann das auch ohne Umweltschäden geschehen.
(Bild: demachy - Fotolia.com)

Ausgang für eine bionische Entwicklung sind Fragen, um das Problemthema auf den Kernpunkt zu bringen, um beispielsweise aus der meist komplexeren Realität ein vereinfachtes, abstrahierendes Modell zu erstellen. Die erste Frage bei der biologischen Entrostung lautet: Wie sieht eigentlich eine Rostpustel aus? Die Skizze (Bild 2) zeigt, dass eine Rostpustel aus ganz diversen mehrwertigen Eisenverbindungen, vorwiegend aus rot und braun schimmernden, dreiwertigen Eisenoxid-Hydroxiden, besteht. Das dreiwertige Eisen ist der Schlüssel zur Lösung des Problems.

Abtransport von Eisenoxid mit den Mitteln der Natur

In der Natur kommt dreiwertiges Eisen im Blut vor: Die roten Blutkörperchen enthalten Eisen, sie transportieren Sauerstoff und CO2 aus der Lunge zu den Organen oder Muskeln. Und da die Atmung nicht nur für uns Menschen überlebenswichtig ist, muss es in der Natur Speichersysteme für Eisen geben. Eines heißt Ferritin, es kann mehrere Tausend Eisenatome speichern [1].

Zum Transport von Eisen dienen Siderophore. Sie sind natürliche Komplexbildner, von denen über 200 mit Komplexbildungskonstanten zwischen 1023 und 1052 für dreiwertiges Eisen bekannt sind. Siderophore werden von Mikroorganismen und Pflanzen eisenfrei in die Umgebung quasi als Space-Shuttle ausgeschieden, um Eisen(III)-Ionen zu binden oder zu komplexieren. Es entsteht ein Eisen-Siderophor-Komplex, der in den Organismus über spezifische Rezeptor- und Transportsysteme wieder hineintransportiert wird. Auf diversen Wegen wird das Eisen aus dem Komplex herausgelöst und der Zelle dann als Eisen(II)-Ion zur Verfügung gestellt.

Die nächste Frage lautet: Was macht die Natur bei Eisenmangel beziehungsweise -überschuss? Wenn Eisen gebraucht wird, wird der Speicher geleert: Beispielsweise bestimmt der Arzt bei einem Patienten den Ferritinwert und verschreibt eisenhaltige Präparate oder Nahrungsmittel, die viel Eisen enthalten (Blutwurst, rotes Fleisch). Akute Eisenvergiftungen sind selten, chronische aufgrund meistens eines vererbten Gendefekts werden als Hämochromatose oder -siderose diagnostiziert und mit beispielsweise einem siderophorhaltigen Präparat (Desferrioxamin) behandelt. Heute wird es vielfach als Suffix vor der Dialyse (Nierenspülung) eingesetzt, um Eisenausfällungen vor der Dialysemembran zu verhindern. Damit war – auch wenn es sehr teuer war – ein Molekül gefunden, mit dem man die Flugrostpusteln von den Metalloberflächen biologisch entfernen können sollte.

Auch chromverarmte Zone mit biologischen Mitteln entfernt

Seit 1992 arbeiten am Institut für Biologische Verfahrenstechnik der Hochschule Mannheim mehr als zwei Dutzend Biologen, Mineralogen, Biotechnologie-, Chemie- und Verfahrensingenieure an den Grundlagen und deren Umsetzung, angefangen bei der Entrostung von Stahloberflächen (Bilder 3 bis 6) bis hin zur Entfernung von Anlauffarben an hoch legierten Stählen (Bilder 7 bis 9). Bei letzteren war die spannende Aufgabe, wie man die chromverarmte Zone biologisch mit Naturprodukten entfernen kann. Mit einem Gramm Desferrioxamin B, gespendet von Ciba-Geigy, fing es an (die Bilder 3 bis 7 zeigen Entrostungsuntersuchungen an Schellen, die später feuerverzinkt wurden), mit einer größeren Spende von Novartis konnten systematische Untersuchungen fortgesetzt und eine Formulierung gefunden werden, die auch Anlauffarben entfernt.

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